Mittwoch, 11. August 2010

IW Köln - ein Verein dreht durch!

„Hartz IV - Noch mehr Geld mindert Arbeitsanreiz“; „Michael Hüther im Handelsblatt - Die Regierung soll endlich Barrieren für Zuwanderer beseitigen“; „Demografie: Zudem führt kein Weg daran vorbei, ältere Beschäftigte länger im Beruf zu halten.“


Das sind die Schlagzeilen und Kernaussagen eines Vereins, der vorgibt Meinungsbildner und Sprachrohr der deutschen Wirtschaft zu sein. Was darunter zu verstehen wäre, ginge es nach dem Kölner Verein mit dem hochtrabenden Namen „Institut der deutschen Wirtschaft Köln“, sorgte am 11. August 2010 für Schlagzeilen in den deutschen Nachrichtensendungen. Laut den Meldungen hat sich der Vereinsvorsitzende Prof. Dr. Michael Hüther dafür ausgesprochen,
die Lebensarbeitszeit auf 70 Jahre zu erhöhen. In Anbetracht der steigenden Lebenserwartung wäre dies vertretbar.


In einem auf den Vereinsseiten veröffentlichtem Beitrag zum Thema „Demografie“ wird die Politik aufgefordert, alles zu tun, „um die Potentiale zusätzlicher Erwerbsbeteiligung zu nutzen.“ Eine bessere Kinderbetreuung würde z. B. Müttern eine schnellere Rückkehr in den Beruf ermöglichen. Ist so betrachtet zwar richtig, die familiären Bindungen und eine wünschenswerte Förderung des damit verbundenen sozialen Verantwortungsbewußtseins blieben dabei jedoch endgültig auf der Strecke. Halten wir diese Entwicklung einmal als Mosaiksteinchen fest und sehen uns die weiteren Vorstellungen dieses sauberen Vereins genauer an:


Zunächst wäre da die Forderung nach verkürzten Schul- und Studienzeiten. An das katastrophale Abschneiden der meisten deutschen Bundesländer bei den Pisastudien sei an dieser Stelle erinnert und auch die Tatsache, dass sich Ausbildungsbetriebe über das geistlose Allgemeinbildungsniveau und die fehlenden fundamentalen Kenntnisse nicht nur der deutschen Sprache, sondern auch in Mathe und allen anderen Hauptfächern beklagen, sei an dieser Stelle nicht nur erinnert, sondern ausdrücklich hingewiesen. Wie dieses Problem mit kürzeren Schulzeiten in den Griff zu bekommen sein soll - diese Antwort bleibt der IW e.V. schuldig! Aber: auch dies ein weiteres Zeichen für die Absichten des Sprachrohrs der deutschen Wirtschaft; ich komme darauf zurück.


Und jetzt noch ein kleiner Blick in die gesellschaftspolitische Randnische, in der sich das arbeitsscheue Gesindel; die Sozialschmarotzer namens „Hartz IV- Empfänger“ tummeln. Die Politik, durch den BGH zum Handeln verdonnert; muß die Bedarfsermittlung offenlegen und nachvollziehbar gestalten. Alle ernstzunehmenden Verbände und Organisationen prophezeien heute schon einen Leistungsanstieg um mindestens 40 € monatlich, soll das Ergebnis annähernd an den tatsächlichen Mindestbedarf heran kommen. Wie dabei das Ergebnis aus dem Blickwinkel der „Deutschen Wirtschaft“ auszusehen hat, haben die „Institutsmeier“ in Köln bereits definiert: „Noch mehr Geld mindert Arbeitsanreiz.“ Das wäre dann Mosaiksteinchen Nummero 3!

Ziehen wir unsere Schlüsse aus den Lobbyistenforderungen und fügen das Bild zusammen:


1. Das überwiegende Bildungsniveau der heutigen Jugend läßt diese bei den meisten Ausbildungsbetrieben als „ausbildungsunfähig“ erscheinen. Landauf, landab singen kleine und mittlere Handels- und Handwerksunternehmen, die 80 Prozent der gesamten deutschen Berufsausbildung bewerkstelligen, dieses Lied. Gefordert wird mehr Wissen, mehr Können und mehr soziale Kompetenz. Das Kölner Institut scheint demzufolge die Meinung zu vertreten, mehr Wissen und Können komme von weniger lernen. Warum sonst drängt man auf eine Verkürzung von Schul- und Studienzeiten?


2. Wenn noch mehr Geld - nach Ansicht des Vereins - den Arbeitsanreiz bei Hartz IV-Empfängern mindert, kann das ja nur bedeuten, dass sich die Hartz IV-Hilfe verdächtig nahe am heutigen, unteren Lohnniveau bewegt. Die Tatsache ist unbestritten, dass die Menschheit in ihrer überwiegenden Mehrheit für’s gleiche Geld lieber faulenzt als arbeitet. das kennt man aber auch von anderen und nicht nur von Hartz IV-Empfängern. Ganz klar, wer hungert und sich nichts leisten kann, verspürt nicht auch noch Lust, sich für’s gleiche Geld krumm zu machen, ohne dafür mit einer spürbaren Verbesserung seiner Lebensumstände belohnt zu werden. Ergo: Politik und insbesondere die Wirtschaft sind gefordert, Voraussetzungen zu schaffen, dass Arbeit sich wieder lohnt. Auch für die Arbeitnehmer, nicht nur die Aktionäre und Manager. Das bedeutet erst ein Mal Arbeit muss wieder fair bezahlt werden - Schluß mit Lohndumping und Leiharbeiterfirmen; Schluß mit Billigarbeitskräften aus dem Ausland! Was die deutsche Wirtschaft dringend braucht und was auch die Inlandsnachfrage spürbar beleben würde, ist genau das Gegenteil von dem, was dieses seltsame Kölner „Institut“ fordert!

Was also will dann Kölner Verein?


Die Kölner denken wirklich langfristig und nicht kurz- oder mittelfristig. Zählt man Eins und Eins zusammen, kann das Ergebnis nur lauten: Nicht billige, sondern billigste (!) Arbeitskräfte werden gefordert. Solche, die von der Schulbank weg bis hin zu dem Tag, an dem sie, grau und weise geworden, in’s Grab fallen, am besten für einen monatlichen Übernachtungs- und einen Essensgutschein, für die Konzerne gebuckelt haben und dazu auch noch eine so dürftige Bildung genießen durften, dass sie mangels solcher zeitlebens blöd genug blieben, um so mit sich verfahren zu lassen.


Wer aufmuckt, bekommt den Essensgutschein dann womöglich für die Betriebskantine eines Greentec-Labors, womit die baldigste „Problementsorgung“ ebenfalls gewährleistet wäre.  

Nur noch so nebenbei bemerkt - wer soll solche Forderungen offensichtlich an totaler Selbstüberschätzung leidender Lobbyisten eigentlich ernst nehmen? Doch nicht etwa die deutschen Politiker, unsere Führungselite?  Und hier noch einige Links rund um's Thema:
 
Jugendarbeitslosigkeit SPIEGELONLINE


Soziale Stadt - Schwerpunkt: Schule und Bildung im Stadtteil

Goethe-Institut: Jugend in Deutschland

Der deutsche Bevölkerungsaustausch

Grüne Gentechnik

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