Montag, 10. September 2012

Keine Anzeichen für Hoffnung


Wer verschiedene Newsletter abonniert und sich in den letzten Jahren in verschiedene Mailinglisten eingetragen hat; auch schon ‘mal an einem Vortragsabend zum Thema „rechtliche Situation in der BRD“ - Stichwort Deutsches Reich - teilgenommen hat, konnte es nur dann vermeiden, regelmäßig mit sinnvollen und weniger solchen Mails versorgt zu werden, wenn er sich explizit bei den Versendern für eine Streichung seiner Email-Adresse einsetzte. Hat man das nicht getan, wurde und wird man weiterhin mit „Nach-richten“ aus den einzelnen Interessensrich- tungen von immer mehr Versendern zuge- schüttet. Die Szene ist gut vernetzt, soviel steht fest. Die Inhalte zeugen meist von großer Entrüstung über das Verhalten und die Arbeits- weise von Parteien, Kabinettsmitgliedern und Parlamentsangehörigen; decken vermeintliche und tatsächliche Skandale auf, geben jedoch in den seltensten Fällen praktikable Hinweise und Handlungsanweisungen für eine Abhilfe. So weit so schlecht.

Wer aber jetzt geglaubt hatte, das alle jene, die sich mit den Gedanken einer Wiederher- stellung der Souveränität Deutschlands befas- sen, auch bereit wären dafür mehr zu tun, als teilweise wirklich hirnrissigen Email-Inhalt zu versenden; wer damit gerech-
net hatte, dieser Personenkreis und ähnlich Unzufriedene aus dem Sympathisantenumfeld würden endlich aus ihren Löchern gekrochen kommen, um der Regierung im offenen Protest gegen ihre staatsumstürzlerischen Machen- schaften hin zur neuen Diktatur die Stirn zu bieten, sah sich am Wochenende bitter enttäuscht.

Von den Maulhelden und ewigen Besserwissern, den Email-Revolutionären und angeblichen Kämpfern für Freiheit und Recht in einem lebenswerten Deutschland keine Spur in Karlsruhe zur wichtigsten Demonstration in der Republik seit Wackersdorf. Allein der von mir hier angesprochene und aus Vortragsabenden bekannte Personenkreis hätte mindestens dreimal mehr Köpfe auf dem Marktplatz in Karlsruhe versammeln müssen, als die dort tatsächlich anwesenden, echten Demokraten und Anhänger der „Zivilen Koalition“, des Aktionsbündnisses „Direkte Demokratie“ oder jeder anderen beteiligten Organisation. Wo seid ihr gewesen, ihr Pseudokämpfer für ein freies und demokratisches Deutschland?

Aber auch aus den Reihen der rund 12.000 Kläger, der am Mittwoch zur Entscheidungsver- kündung des BVerfG’s anstehenden Klage gegen den ESM hat man mehr Teilnehmer erwarten dürfen. Nein, das ist nicht richtig - man hat sie erwarten müssen. So aber haben nach offiziellen Verlautbarungen des Veran- stalters nur rund 1.000 Teilnehmer den Weg zur Großkundgebung gefunden. Die Polizei spricht gar nur von 700 Teilnehmern.

Ein 80-Millionen-Volk soll in die Knechtschaft und Finanzsklaverei für das internationale Großkapital gezwungen werden und noch nicht einmal ein Prozent davon findet es für Wert und richtig, dagegen auf die Straße zu gehen. Das hätte immerhin eine beeindruckende Kulisse von 800.000 Demonstrierern ergeben. Ich möchte die Regierung sehen, die ange- sichts einer solchen Menschenmasse nicht in’s Zaudern und Wanken gekommen wäre. Eine solche Masse hätte einen beeindruckenden Hintergrund für eine Gerichtsentscheidung für den Volkswillen sein können. Aber so?

Okay, 800.000 sind für deutsche Verhältnisse ohnehin eine utopische Träumerei; aber noch nicht einmal 8.000! Das ist nicht traurig, das läßt einem nicht die Schamesröte in’s Gesicht steigen, es macht nur noch Platz für lähmendes Entsetzen. Wäre dort nur ein Fußballspiel FC Bayern gegen Irgendwas, die Rückkehr von Thomas Gottschalk zu „Wetten daß..“ oder sonst so ein die Sinne vernebelnder Event zu feiern gewesen. „Gebt dem Volk Brot und Spiele...“, was will man da noch sagen?

Ich weiß, viele aus der Ecke der Theorie „Deutsches Reich“ vertreten die Ansicht, der ESM und alle anderen Verträge seien ohnehin nichtig, da nicht durch einen tatsächlich existierenden Staat und seine Repräsentanten, sondern lediglich durch eine von den Siegermächten eingesetzte Verwaltung, einer Pseudoregierung gleich, beschlossen und unterzeichnet. Aber wer soll den anderen, den angeblich völkerrechtlich existierenden Staat „Deutsches Reich“ ernst nehmen, wenn nicht gerade diese Siegermächte? Ihr Penner hättet aufstehen und denen zeigen müssen, dass ihr eine zur politischen Auseinandersetzung bereite, real existierende und nicht zu übergehende politische Kraft seit, bereit für „Euren“ Staat und „Euer“ Volk einzutreten! Nahezu zehn Jahre der Aufklärung, der Information und der Vorbereitung für den „Tag X“ hattett ihr ja.

Nur wenn die Republik und das Grundgesetz unverändert Bestand hat, habt ihr eine halbwegs reale Chance jemals von der politischen Weltbühne mit eurem Anliegen und euren Forderungen wahrgenommen zu werden und Gehör zu finden. Falls ihr es noch nicht bemerkt habt, der ESM verleibt sich die ihn unterzeichneden Staaten ein, ohne die betroffenen Völker zu befragen und gibt die aufgelösten Nationen zur Plünderung frei. Und jetzt fragt euch einmal, wer da wen ausplündern wird? Schaut sie euch an, die künftigen ESM-Governeure. Wer sie sind, woher kommen sie und welche Mehrheiten ergeben sich daraus? Da ist kein Hoffnungs- schimmer mehr. Weder für Deutschland , noch für irgendwas anderes. Und für Euer Anliegen schon zweimal nicht. Ihr habt die Chance verpaßt, regelrecht verschlafen - ihr könnt so unheimlich stolz auf euch sein.

Der Karlsruher Demonstrationstag hat aber noch eine andere Wahrheit gnadenlos an das Licht der Öffentlichkeit gebracht. Und die ist noch viel bitterer, als das Versagen der „Reichs-Träumer“, zumindest für einen großen Teil der Bevölkerung im Süden der Republik. Die hin- terhältige Lügenkampagne der Freien Wähler Bayern, den ESM abzulehnen.

Da war schon die klägliche Veranstaltung am 6. August in München, zu der die Freien Wähler von Hubert Aiwanger aufgerufen hatten. An der sollen ja gerade einmal zwischen 20 bis 30 Pro- testierer teilgenommen haben. Ein Feigenblatt für die Partei, nichts anderes. Halbwegs und mit Aussicht auf Erfolg beworben haben die FWler diese Veranstaltung nie. Man sei gegen den ESM, hatte der aus Niederbayern stam- mende Aiwanger bei jeder sich bietenden Gelegenheit hinausposaunt, aber gleichzeitig immer wieder betont, er wolle zusammen mit der SPD und eventuell den GRÜNEN im kommenden Jahr die CSU/FDP-Regierung im Bayerischen Landtag ablösen. Das geht nicht, wenn die FWler ernsthaft mithelfen würden, ein grundlegendes Element des roten-grünen Volksverrates zum Scheitern zu bringen: den ESM!

So verwegen ist noch nicht einmal Hubert Aiwanger, zu glauben, bei den Landtagswahlen ’13 könnten er und seine FW als erst- oder zweitstärkste Partei hervorgehen. Nur eine solche Spekulation mit der Annahme auf Erfolg hätte es dem FW-Chef erlaubt, seine Gefolg- schaft ernsthaft gegen den ESM auf die Straße zu schicken. Der blanke Machterhalt vor Demokratie und Volkswillen also auch bei den Freien Wählern in Bayern. Da kann die Klage- beteiligung vor dem BVerfG nicht darüber hin- wegtäuschen. Ein solches Verhalten ist nicht mehr als ein billiges und schäbiges Täu- schungsmanöver, Herr Aiwanger. Gnade Gott den Bayern, sollten Sie dennoch Ihr Vorhaben nächstes Jahr in die Tat umsetzen können!

Der 8. September 2012, ein im negativen Sinn durchaus historischer Tag für Deutschland. Die breite Masse des Volkes, von dem nahezu 80 Prozent die vermeintliche EURO-Rettung und den ESM ablehnen sollen, räkelt sich lieber auf der Couch und döst bei strahlendem Sonnen- schein vor dem Gartengrill wie die Bratwurst auf demselben, als sich für seine Rechte, seine Freiheit, seinen angeblichen Willen einzu- setzen. Bleibt nur zu hoffen, dass wenigstens die Richter am BVerfG mehr Rückhalt zeigen. Wer aber glaubt, hier werde der ESM in Bausch und Bogen abgelehnt, so wie es eigentlich sein müßte, der hat noch nicht verstanden, dass Richter immer dann den ursprünglich in Worte gegossenen Willen des Gesetzgebers zu inter- pretieren beginnen, wenn sie sich selbst bei einer korrekten Spruchfindung plötzlich winden müßten, wie ein Wurm in der Sonne. 

Und so wird auch der 12. September 2012, an dem erneut in Karlsruhe Geschichte geschrie- ben wird, ein wahrlich historischer Tag für die Deutschen werden...


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