Die EURO-Wahrheit

„Wir brauchen den Euro, ohne ihn würde es der deutschen Wirtschaft viel schlechter gehen“; „Deutschland braucht den Euro, weil wir von ihm profitieren“ oder ganz aktuell und in der Bundestagsdebatte um den Euro-Rettungsschirm am Donnerstag, 29. September 2011, mehrfach von Rednern aus allen Fraktionen strapaziert: „Wir brauchen den Euro, um den Frieden in Europa nicht zu gefährden.“

Der Friede in Europa lebt und gedeiht also wegen des Euros und ist ohne diese Zwangswährung nicht vorstellbar. Jedem Politiker, der mit diesem Argument hausieren geht, sollte man nicht nur genau auf’s Maul schauen, sondern Stante pede ihm eine darauf geben. Hier wird nämlich mit Kriegsängsten gespielt, die nach 1945 in Europa allenfalls im Umgang mit dem Ostblock gerechtfertigt waren und seit dessen Auflösung auch keine Rolle mehr spielen. Kriegsangst in Europa, wer gegen wen? Die 500 an Polen „verschenkten“ Leopard-Kampfpanzer gegen Deutschland? Italien gegen Österreich, weil die Alpenrepublik die „Pusterer“ nicht ausliefert? Frankreich gegen Italien, weil Berlusconi Madame Sarkozy zu „Bunga Bunga“ nach Mailnad gebeten hat? England gegen Frankreich, weil sie sich wieder einmal um die Normandie streiten oder Spanien gegen die Niederlande? Könnt ja sein, daß noch eine alte Rechnung aus dem Achtzigjährigen Krieg offen ist.

Wie Sie sehen, muß man sein Gehirn schon gewaltuig verbiegen, um die wahrscheinlichsten Motive für eine kriegerische Auseinandersetzung der europäischen Nachbarstaaten in der heutigen Zeit zu konstruieren. Und dort, wo wirklich immer noch ungelöschte Brandherde sind, wie etwa dem Baskenland, Nord-Irland, bei den Korsen oder auf Zypern, da fragt im Ernstfall bei der Explosion einer Bombe kein Mensch, ob die Staaten jetzt mit dem Euro oder in alten Staatswährungen ihre Polizei oder Militäreinheiten bezahlen.

Der Euro als Friedenssicherung auf dem europäischen Festlandssockel ist ein Hirngespinst der Politikerkaste, gerade einmal dazu geeignet, die niederen Instinkte anzusprechen und untereinander Kriegsängste zu schüren. Um Kriege zu führen, brauchen die Staaten keine nationalen Währungen, das können sie mit dem Euro genauso gut, wie ohne. Oder glauben Sie etwa, die rot-grüne Regierungs-Koalition hat Serbien bombardiert, weil weder Deutschland noch Serbien den Euro hatten und dieser auch den übrigen NATO-Verbänden noch gänzlich unbekannt war? Oder sind Sie der Meinung, Deutschland hat die UCK-Terroristen auf dem Schlachtfeld im Kosovo und auf dem politischen Parkett aktiv unterstützt, weil Serbien immer noch keinen Euro hatte?

Afghanistan, Irak und Lybien hätte es mit und ohne den Euro gegeben. Was also soll an dieser Schrott-Währung, alle anderen Bezeichnungen sind unverdiente Schmeicheleien, friedenserhaltend sein? Die Antwort erhalten Sie, wenn Sie in diesen Tagen insbesondere auf die Straßen Griechenlands blicken.

Wo aber liegt dann die Wahrheit des Euros? Etwa doch in seiner positiven, volkswirtschaftlich wichtigen Rolle für Deutschland?

Der Freie Journalist und Fachberater für Gesellschaftskritik, Zeitgeschichte, Wirtschaft und Finanzen, Michael Grandt, kommt hier bei seiner gegenüberstellenden Betrachtung von D-Mark und Euro zu überraschenden Ergebnissen. Zumindest für unsere Volksvertreter müssen das überraschende Ergebnisse sein, sind sie doch so vollkommen anders, als man bisher dem Volk Glauben machen wollte:

  • Kapitalabflüsse in die maroden EU-Länder haben das Zinsniveau für den deutschen Mittelstand hochgehalten.[1]
  • Knapp eine Billion (1.000.000.000.000,--) Euro flossen von Deutschland zur Bezahlung der Leistungsbilanzdefizite anderer EU-Staaten. Diese konnten demnach nicht in die deutsche Volkswirtschaft investiert werden.[2]
  • Allein das macht jenseits aller Euro-Rettungsmaßnahmen jährlich rund 150 Milliarden Euro aus.[3]
  • Die Exporte gehen zu weniger als der Hälfte in die Eurozone, der Rest auf den übrigen Weltmarkt.[4] Die Exporte in die EU-Länder sind trotz der dort zu erzielenden Inflationsgewinne annähernd konstant geblieben.[5]
  • Dadurch wurde das Investitionsniveau auf den niedrigsten Stand aller EU-Länder gesenkt.[6]
  • Das Geld für die Euro-Rettungsmaßnahmen, immerhin Hunderte von Milliarden Garantien und Bareinlagen von (bisher) 22 Milliarden Euro, stehen für soziale Zwecke oder Investitionen in die Realwirtschaft nicht mehr zur Verfügung.[7]
  • Auch deshalb ist unser Wachstum wohl seit der Einführung des Euro gesunken. Betrug die Veränderung des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts von 1960 bis 2001 im Durchschnitt noch 2,9 Prozent, erreichte es seither nur noch magere 0,7 Prozent.[8]
  • Die Lohnstückkosten sind in Deutschland seit 1998 nahezu konstant geblieben, während sie in den Problemländern stiegen[9], das heißt deutsche Arbeitnehmer verdienten weniger, damit unser Land wettbewerbsfähiger blieb.
  • Durch die fehlende Aufwertung, wie es früher bei der D-Mark der Fall gewesen ist, entgeht den Deutschen ein Kaufkraftgewinn, durch den sie sich ansonsten mehr Güter und Dienstleistungen hätten leisten können und so die Massenkaufkraft erhöht hätten. Jetzt hingegen sinken Kaufkraft und Wohlstand der breiten Bevölkerung.[10]

Deutschland hat also rationale betrachtet nicht vom Euro profitiert, sondern ganz im Gegenteil, kräftig draufgezahlt!

Wer aber hat dann vom Euro profitiert? Logische Antwort, andere EU-Staaten haben profitiert:

 

  • Bereits kurz vor der EU-Gründung kam es zu einem erhöhten ausländischen Kapitalzufluß in die künftigen Euro-Währungsländer, weil Investoren erwarteten, daß die ausstehenden Staatsanleihen, die nach Einführung des Euro fällig werden würden, nicht in den nationalen Währungen, sondern in Euro ausbezahlt werden würden. Das Wechselkursrisiko entfiel. Auch die Zinsen wurden in Euro ausbezahlt.[11]
  • Neu-EU-Länder mit bisher zweistelligen Zinsen konnten damit rechnen, daß sie bei Neuverschuldung nur die niedrigen Zinsen zahlen mußten, was ihre Haushalte stark entlastete.[12]
  • Die niedrigen Zinsraten entlasteten die Länder auch bei der Ausgabe von Staatsanleihen oder bei betrieblichen Investitionen. Diese »Euro-Dividende« bzw. dieses Zinsgeschenk ist aber nicht zur Tilgung der jeweiligen Staatsschulden verwendet worden, sondern zu einer weiteren exzessiven Verschuldung.[13]
  • Ohne die Exportüberschüsse und Leistungsbilanzstärke Deutschlands, was es zum größten europäischen Geberland macht, wäre die Konstruktion der Währungsunion nicht möglich gewesen.
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Und was wäre die Alternative?

Viele renomierte Experten, darunter die Professoren Albrecht Schachtschneider, Wilhelm Hankel, Karl Dieter Spethmann, Wilhelm Nölling und Joachim Starbatty sehen sie in einem europäischen Staatenbund konkurrierender und wachsender Volkswirtschaften mit jeweils eigenen Währungen als Leistungsmaßstab und Erfolgsbarometer, der den Brüsseler Moloch ersetzt. Die europäischen Länder könnten ihre alte Währung samt Wechselkurs wieder einführen. Die Folgen wären keinesfalls ein Zusammenbruch unserer Wirtschaft, wie uns immer wieder suggeriert wird, sondern das Gegenteil!

Das sieht, wie Michael Grandt schreibt, folgendermaßen aus: „Zunächst einmal würden wir mehr für unser Geld im Ausland bekommen. Importgüter würden billiger. Betriebswirtschaftlich gesehen: Im Einkauf gewinnt man mehr, als man später im Verkauf (vielleicht!) verliert, oder, anders gesagt: Man kauft die Güter viel billiger ein als den Verlust, den man später wegen der stärkeren Währung (vielleicht) erleidet. Schließlich verkaufen wir keine Tomaten, sondern Know-how, Technologieinnovationen und kluge Köpfe, die man überall auf der Welt braucht, gerade jetzt! Beweis dafür sind wir selbst, denn trotz »starker« D-Mark nahmen unsere Exportstärke und Exportüberschüsse immer mehr zu. Deutschland gehörte schon immer zu den Aufwertungsländern und war seit jeher eine der exportstärksten Nationen der Welt.

Zudem würden jährlich gigantische Milliardenüberweisungen nach Brüssel sowie Garantien von Hunderten von Milliarden für de facto zahlungsunfähige EU-Staaten entfallen. Dieses Geld könnte man in unsere Sozialsysteme und in die Realwirtschaft investieren und so durch Steuerentlastungen mehr Konsum generieren, der sich wiederum im Wirtschaftswachstum niederschlagen würde. So aber hängen wir am EU-Tropf und geben mehr, als wir erhalten. Die von uns erwirtschafteten Leistungsbilanzüberschüsse finanzieren den größten Teil der EU. Oder wie der britische Europa-Investmentchef von Allianz Global Investors sich einmal ausdrückte: „Europa ist ein einfaches Spiel: 27 Nationen sind dabei, am Ende zahlen immer die Deutschen.“[14]

Die Wahrheit des Euros ist also: Der Euro ist weniger wert als damals die D-Mark, was Kaufkraft und Vermögensverluste für die Deutschen bedeutet – und: ohne Deutschlands Exportüberschüsse und Leistungsbilanzstärke wäre der Euro schon längst Geschichte! Einen Rettungsschirm für Deutschland wird es niemals geben, dazu ist die Volkswirtschaft zu groß. Wir werden also immer das größte Geberland bleiben, und das ist schlecht für Deutschland, seine Volkswirtschaft und für den Wohlstand eines jeden einzelnen von uns!

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Quellenverzeichnis:

[1] Wilhelm Hankel: »Europa nach dem Scheitern«, in: W. Hankel/W. Nölling/K. A. Schachtschneider/D. Spethmann/J. Starbatty: Das Euro-Abenteuer geht zu Ende, Rottenburg 2011, S. 35

[2] Hankel, »Europa nach dem Scheitern des Euro«, S. 46

[3] Vgl.: Dieter Spethmann: »Ideologie und Realwirtschaft«, in: W. Hankel/W. Nölling/K. A. Schachtschneider/D. Spethmann/J. Starbatty: Das Euro-Abenteuer geht zu Ende, Rottenburg 2011, S. 208

[4] Statistisches Bundesamt Deutschland

[5] Hankel, »Europa nach dem Scheitern«, S. 35; 2000: EU-Länder 65%, Eurozone 45%; 2010: EU-Länder 60%, Eurozone 40% , vgl.: Joachim Starbatty: »Der Riss durch die Eurozone«, in: W. Hankel/W. Nölling/K. A. Schachtschneider/D. Spethmann/J. Starbatty: Das Euro-Abenteuer geht zu Ende, Rottenburg 2011, S. 242

[6] Hankel, »Europa nach dem Scheitern«, S. 25

[7] Dieter Spethmann: »Ideologie und Realwirtschaft«, in: W. Hankel/W. Nölling/K. A. Schachtschneider/D. Spethmann/J. Starbatty: Das Euro-Abenteuer geht zu Ende, Rottenburg 2011, S. 202

[8] 2002: 0,0%; 2003: 0,0%; 2004: 1,2%; 2005: 1,0%; 2006: 3,0%; 2007: 2,5%; 2008: 0,0%; 2009: -4,7%; 2010: 3,6% (Quelle: Statistisches Bundesamt)

[9] Joachim Starbatty: »Der Riss durch die Eurozone«, in: W. Hankel/W. Nölling/K. A. Schachtschneider/D. Spethmann/J. Starbatty: Das Euro-Abenteuer geht zu Ende, Rottenburg 2011, S. 231, 240

[10] Ebd., S. 243

[11] Joachim Starbatty: »Der Riss durch die Eurozone«, in: W. Hankel/W. Nölling/K. A. Schachtschneider/D. Spethmann/J. Starbatty: Das Euro-Abenteuer geht zu Ende, Rottenburg 2011, S. 221

[12] Ebd., S. 221

[13] Ebd., S. 242

[14] Wirtschaftswoche

[15] Hankel, »Europa nach dem Scheitern«, S. 42



Quelle:
http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/deutschland/michael-grandt/deutschlands-groesste-luege-teil-2.html